Rechtliches

Dürfen IGeL-/Honorarvereinbarungen digital abgewickelt werden?

von Lars Schmidt

IGeL digital

Dürfen Zustimmungen zu IGeL- oder allgemein formuliert Honorarvereinbarungen digital erklärt werden?

Die folgenden Probleme machen eine Lösung auf Papier kompliziert, schwerfällig und binden viel Personal:

  • Je nach Fachrichtung kommt dies häufig vor für relativ übersichtliche Beträge.

  • Häufig setzen sich die Erklärungen aus vielen Faktoren zusammen, wie z. B. Anzahl an Sitzungen, Präparate, Versichertenart, Eintritt der Wirkung u.v.m.

  • Das Personal muss beachten, wer wann welche Maßnahmen erhalten wird.

  • Der Aufwand der Nachbereitung ist erheblich. Übergabe an Buchhaltung/Steuerberater, Anlage von Statistiken etc.

All dies lässt sich digital völlig automatisieren mit fest definierten Abläufen und Logiken, sodass je nach Situation nur noch ggf. spontan vor einem Eingriff eine Vorlage gezückt werden muss.

In diesem Bereich existieren viele Mythen, rechtliche Aspekte werden gern zum eigenen Vorteil ausgelegt und nicht im Sinne einer Verbesserung des Prozesses. Deshalb schliessen wir diesen Beitrag mit einem Beitrag mit einem Beitrag von einem Rechtsexperten, Prof. Dr. Ulf Vormbrock - – Fachanwalt und Professor für IT-Recht aus Düsseldorf https://vormbrock.net/

zu der Auslegung und dem Verständnis des Begriffs „schriftliche Zustimmung“ im Sinne des § 18

Abs. 8 Satz 3 Nr. 3 Bundesmanteltarifvertrag – Ärzte (BMV-Ä)

Gemäß § 18 Abs. 8 S. 3 Nr. 3 BMV-Ä darf der Vertragsarzt von einem Versicherten eine Vergütung nur fordern, wenn für Leistungen, die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind, vorher eine schriftliche Zustimmung des Versicherten eingeholt und dieser auf die Pflicht zur Übernahme der Kosten hingewiesen wird. Mit der vorgenannten Regelung korrespondiert eine Vorschrift zum zivilrechtlichen Behandlungsvertrag zwischen Arzt und Patient, § 630c Abs. 3 BGB; danach gilt:

(3) Weiß der Behandelnde, dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten nicht gesichert ist oder ergeben sich nach den Umständen hierfür hinreichende Anhaltspunkte, muss er den Patienten vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung in Textform informieren. Weitergehende Formanforderungen aus anderen Vorschriften bleiben unberührt. Aus der Gesamtschau beider Vorschriften ergibt sich, dass ein Behandler den Patienten umfassend darüber informieren muss, dass ein Teil der anfallenden Behandlungskosten nicht von dem Versicherer übernommen wird, sondern von dem zu Behandelnden selbst geleistet werden muss.

Diese Aufklärungspflicht ist weitreichend, da zwischen Behandler und Patient ein erhebliches Ungleichgewicht zwischen dem Wissen um die medizinische Notwendigkeit einer Behandlung und dessen Vergütungspflicht besteht. Um dieses Ungleichgewicht auszugleichen und gleichzeitig dem Patienten vor Augen zu führen, dass seine Behandlung oder zumindest ein Teil davon durch ihn selbst zu vergüten ist, ordnet das Gesetz eine Aufklärung in Textform an. Nur bei einer Information in Form ist gewährleistet, dass ein Patient eine sichere Einschätzung treffen und auf dieser Basis sich bewusst für oder gegen eine kostenpflichtige Maßnahme entscheiden kann. Unerheblich ist hingegen, ob der Aufklärungstext auf Papier gedruckt dem Patienten vor Augen geführt wird oder in elektronischer (Text) Form. Solange der Text sicher wahrnehmbar ist, macht die Darstellungsweise keinen Unterschied. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der mittlerweile allgemeinen Gebräuchlichkeit von Aufklärungstexten in elektronischer Form.

Etwas anderes könnte sich ergeben, wenn ein Patient ausdrücklich einen auf Papier gedruckten Aufklärungstext verlangt. Wird ihm dieser verweigert, ist zweifelhaft, ob eine wirksame Aufklärung sicher nachgewiesen werden kann. Auf Basis dieser Aufklärung und Information ist eine Zustimmung des Patienten erforderlich, um für ihn aus der Behandlung resultierende Kosten auszulösen. Diese Zustimmung ist vertragsrechtlich als Annahme des Angebots durch den Behandler zu qualifizieren. Gemäß § 18 Abs. 8 Nr. 3 BMV-Ä muss diese Zustimmung in schriftlicher Form erfolgen.

Die Leistung einer Unterschrift unter einen Aufklärungs- und Einwilligungstext, versteht jede geschäftsfähige Person als verbindliche Zustimmung. Dabei spielt keine Rolle in welcher Form die Unterschrift geleistet wird, sei es unter einen auf einem Stück Papier ausgedruckten Text oder unter einen Text, der auf einem elektronischen Tablett bereitgehalten wird. Entscheidend ist, dass die jedem Schriftformerfordernis innewohnende Warn- und Beweisfunktion gewährleistet sind. Beide Funktionen sind bei einem Text in elektronischer Form und mit elektronischer Unterschrift sicher potentiell erreichbar. Eine auf einem elektronischen Medium abgegebene Unterschrift ist bei geeigneter technischer Ausstattung ebenso wie eine Unterschrift auf Papier sicher auf den Unterzeichner selbst rückführbar, so dass Authentizität und Beweisbarkeit einer Unterschrift gewährleistet sind.

Insofern reicht es bei sachgerechter Auslegung und würdigem Verständnis oben genannter Vorschriften aus, wenn ein Patient per Unterschrift eine Zustimmung unter einen auf einem Tablet bereitgehaltenen Text erteilt. Dies gilt insbesondere dann, wenn er zuvor keine Bedenken gegen die Art der Zustimmung erklärt hat.

Düsseldorf, im Dezember 2022

Rechtsanwalt Prof. Dr. Ulf Vormbrock

Quantum Rechtsanwaltsgesellschaft